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Wenn zwei den Verstand verlieren - worum es in »Joker 2: Folie à Deux« geht
»Folie à Deux« – der Titel des zweiten Joker-Films verweist auf eine seltene psychiatrische Störung, bei der zwei Menschen denselben Wahnsinn teilen. Und genau darum dreht sich diese Fortsetzung: um die verstörende Beziehung zwischen Arthur Fleck, der inzwischen als Joker in der Psychiatrie sitzt, und einer neuen Figur an seiner Seite – Harley Quinn, gespielt von Lady Gaga.
Nach den chaotischen Ereignissen im ersten Teil ist Arthur längst nicht mehr der gescheiterte Außenseiter. Er ist ein Symbol der Anarchie, aber auch ein Gefangener seiner selbst – eingesperrt in den Mauern des Arkham Asylum. Dort begegnet er der Psychiaterin Harleen Quinzel, die ihn betreuen soll – doch was als therapeutisches Gespräch beginnt, entwickelt sich schnell zu einer toxischen, emotional aufgeladenen Dynamik. Harleen verliert zunehmend den professionellen Abstand, bis sie sich ganz in Arthur verliebt – und schließlich selbst zur Komplizin wird: zu Harley Quinn.
Der Film erzählt den gemeinsamen Abstieg der beiden – eine Art Wahnsinns-Tango, der zwischen Gewaltfantasie, Liebesdrama und surrealem Musical wechselt. Die Grenzen zwischen Realität und Wahn verschwimmen, Rückblenden vermischen sich mit Wunschvorstellungen, und der Zuschauer weiß bald nicht mehr, was echt ist und was Einbildung.
Während Arthur in Harley eine Art Seelenverwandte sieht, wird sie zur Verstärkerin seines Wahns. Gemeinsam träumen sie von Freiheit – und planen den Ausbruch. Doch der Weg dorthin ist gepflastert mit inneren Dämonen, bizarren Gesangseinlagen und eskalierenden Gewaltakten. Am Ende steht nicht der Aufstieg, sondern der völlige Verlust der Realität – als wären zwei gebrochene Seelen zu einer einzigen geworden.
JOKER 2: Folie à Deux Trailer 2 German Deutsch (2024)
Unsere Rezension
Es gibt Fortsetzungen, die eine Geschichte würdig weiterführen. Und dann gibt es »Joker 2: Folie à Deux«. Was 2019 mit »Joker« als cineastisches Meisterwerk begann – intensiv, verstörend und gesellschaftlich relevant – ist nun in seinem zweiten Teil nur noch ein Schatten seiner selbst. Die Wucht, die der erste Teil entfalten konnte, ist vollkommen verpufft. Was bleibt, ist ein Film voller Stilbrüche, Oberflächlichkeiten und enttäuschter Erwartungen.
Psychologische Tiefe? Fehlanzeige.
Während Teil eins den Zuschauer tief in das Innenleben eines gebrochenen Mannes mit psychischer Erkrankung blicken ließ, bleibt die Fortsetzung auf beunruhigende Weise an der Oberfläche. Das große Potenzial, erneut Einblicke in eine zerrissene Psyche zu geben, wird ignoriert – zugunsten absurder Entwicklungen, unlogischer Wendungen und einer merkwürdigen Erzählstruktur, die keinerlei emotionale Tiefe mehr erreicht.
Eine zerstörte Figur
Arthur Fleck war in »Joker« eine tragische, vielschichtige Figur – ein Spiegel gesellschaftlicher Kälte und Ausgrenzung. In Teil zwei wirkt er wie ein Schatten seiner selbst, inkonsequent gezeichnet, fast karikaturhaft. Die Entscheidungen, die er trifft, erscheinen willkürlich, ja fast schon lächerlich. Es ist, als hätte man ihm den Thron genommen, den er sich mit Schmerz und Chaos verdient hatte – und ihn durch eine Revuebühne ersetzt.
Gesangseinlagen? Im Ernst?
Die Entscheidung, große Teile des Films musikalisch zu inszenieren – mit Gesangseinlagen, die sich wie Fremdkörper anfühlen – wirkt nicht nur deplatziert, sondern schlichtweg nervig. Die Musik trägt nichts zur Handlung bei, sondern unterbricht sie vielmehr immer wieder. Die emotionale Wucht bleibt auf der Strecke – stattdessen fragt man sich, ob man gerade ein Musical oder ein Psychodrama schaut. Leider ist es keines von beidem.
Lady Gaga als Harley Quinn? Völlig fehlbesetzt.
Ein weiteres großes Problem: Die Besetzung. Lady Gaga in der Rolle von Harley Quinn wirkt fehl am Platz – sowohl optisch als auch spielerisch. Ihre Figur bleibt blass und trägt wenig zur Geschichte bei. Die Chemie zwischen ihr und Phoenix zündet nicht, ihre Szenen wirken aufgesetzt und erzwungen, fast wie aus einem anderen Film kopiert.
Wie von einem Amateur geschrieben
Das Drehbuch wirkt stellenweise so, als hätte es ein Fanfilm-Autor geschrieben. Die Dialoge sind platt, die Entwicklungen unmotiviert und viele Szenen schlichtweg wirr. Wo der erste Film mit seiner dichten Struktur und seinen feinen Zwischentönen glänzte, regiert hier grobe Symbolik und konfuse Dramaturgie. Man fragt sich: Wie konnte so etwas grünes Licht bekommen?
Lichtblick: Kamera und Look
Das Einzige, was diesem Fiasko filmisch noch Würde verleiht, ist die hervorragende Kameraführung. Bildkomposition, Licht und Farbgebung sind auf höchstem Niveau. Der düstere Look ist weiterhin beeindruckend – doch leider kann er den inhaltlichen Absturz nicht kaschieren. Ein schöner Rahmen, aber ohne Inhalt.
Fazit:
»Joker 2: Folie à Deux« ist eine der größten Enttäuschungen der letzten Jahre – und zweifellos eines der schlechtesten Sequels aller Zeiten. Der Film verspielt alles, was Teil eins so eindrucksvoll aufgebaut hat. Er ignoriert seine stärksten Themen, verschenkt schauspielerisches Potenzial und verlässt sich auf oberflächliche Provokation statt echter Tiefe. Aus der Sicht von weisstduschon.de: ein tragisches Beispiel dafür, wie man aus einer brillanten Figur eine bloße Show macht – und dabei alles verliert. Das Einzige, was bleibt, sind schöne Bilder und ein schaler Nachgeschmack.
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